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Zusammenfassung

Caritas fordert nach Regierungsbericht mehr Hilfe für arme Kinder

Der siebte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung liegt vor. Das rund 700 Seiten umfassende Werk beleuchtet viele Facetten. Katholische Stimmen dringen in zahlreichen Bereichen auf Reformen.

Der Deutsche Caritasverband fordert mit Blick auf den jüngsten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung mehr Unterstützung für Kinder und Jugendliche aus armen Familien. Zukunftsperspektiven für diese Heranwachsenden würden über Frühe Hilfen, frühkindliche Bildung und Erziehungsberatung eröffnet, sagte Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Für Jugendliche brauche es Unterstützung bei der Ausbildung und beim Übergang in den Beruf.

Als unübersehbar bezeichnete die Verbandspräsidentin die Einsicht, "dass Armutsrisiken weiterhin durch eine geschlechtshierarchische Arbeitsteilung entstehen, wenn Mütter lange Jahre in Teilzeit nur geringe eigenständige Rentenanwartschaften erwerben". Hier seien renten-, arbeitsmarkt- und familienpolitische Maßnahmen gefordert - etwa die Einführung eines Rentenanwartschaftssplittings.

Zuvor hatte die Bundesregierung den siebten Armuts- und Reichtumsbericht verabschiedet. Die aktuelle Ausgabe umfasst die Corona-Pandemie sowie die Inflations- und Energiepreiskrise in Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine.

Caritas-Bischof Stephan Burger warnte anlässlich des Berichts davor, dass die Sicherung einer menschenwürdigen Pflege für alle zunehmend zu einer Frage von Arm und Reich werden dürfte. Hintergrund seien unter anderem der demografische Wandel und der Fachkräftemangel. Auch müssten die Menschen besser über Sozialleistungen informiert werden, damit diese mehr bei denjenigen ankämen, die die größten Nöte hätten, so der katholische Erzbischof von Freiburg.

Der Vorsitzende der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Deutschen Bischofskonferenz, Heiner Wilmer, verwies darauf, dass Arbeitslosigkeit oder ein Niedriglohn-Job zu den häufigsten Ursachen für Armut zählten. "Es muss daher ein politisches und gesellschaftliches Anliegen bleiben, Menschen in angemessene Arbeit zu bringen und sie dort zu halten", so der Hildesheimer Bischof. Menschen könnten am Arbeitsplatz zudem Sinn und Gemeinschaft erfahren. Die katholischen deutschen Bischöfe hatten im April ein Papier mit dem Titel "Die versöhnende Kraft der Arbeit" vorgelegt.

Kritik übte der Kölner Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge. Mit einer Fülle an Daten, Tabellen und Schaubildern gleiche die Bestandsaufnahme einem "riesigen Datenfriedhof" und sei für die Leser wenig überschaubar, sagte Butterwegge der KNA. Wer hoffe, zu erfahren, ob sich die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland während des Berichtszeitraums vertieft oder eher geschlossen habe, "wo die Gründe hierfür liegen und was dagegen zu tun ist", werde enttäuscht.

Butterwegge beklagte, dass der Bericht die Verteilung von Vermögen verschleiere. Die fünf reichsten Familien in Deutschland besäßen zusammen ein Privatvermögen von 250 Milliarden Euro. Das sei mehr als die ärmere Hälfte der Bevölkerung, immerhin mehr als 40 Millionen Menschen, rechnete der Wissenschaftler vor. Es tauchten aber weder die reichsten Familien noch große Konzerne im Bericht auf.