Theologe: Wäre Jesus im Bett gestorben, wäre seine Wirkung verpufft
Für Michael Seewald ist klar: Ohne gewaltsamen Tod hätte Jesus kaum historische Wirkung entfaltet. Zugleich kritisiert er theologische Modelle, die den Tod als notwendiges Opfer deuten.
Oberursel (KNA) Der Münsteraner Dogmatiker Michael Seewald hat sich gegen romantisierende Jesus-Bilder ausgesprochen. Die historische Wirkung Jesu sei untrennbar mit seiner gewaltsamen Hinrichtung verbunden, betonte der Theologe im Interview mit der Zeitschrift "Publik-Forum": "Wenn Jesus im Bett gestorben wäre, würden wir heute seinen Namen nicht mehr kennen und kein Wort mehr über ihn verlieren."
Gerade das Scheitern Jesu mache einen wesentlichen Teil seiner Faszination aus, so Seewald weiter. "Die Faszination Jesu besteht ja auch darin, dass er eine gescheiterte Person ist und nicht auf der Seite derer steht, die alt und lebenssatt im Bett sterben." Gleichzeitig warnte der Dogmatiker davor, die christliche Erlösungslehre zu stark auf das Kreuz zu konzentrieren. Die Vorstellung, dass der Tod Jesu als notwendiges Opfer oder als eine Art Lösegeld zu verstehen sei, hält er für theologisch problematisch - davon "wahrt man besser einen intellektuellen Sicherheitsabstand".
Seewald wurde 1987 in Saarbrücken geboren. Er studierte Katholische Theologie, Politikwissenschaft und Philosophie in Tübingen, Pune (Indien) und Frankfurt am Main. 2011 wurde er an der Ludwig-Maximilians-Universität in München promoviert, vier Jahre später folgte ebenfalls in München die Habilitation. 2016 vertrat Seewald den Lehrstuhl für Dogmatik und Theologische Propädeutik in Bonn, seit 2017 ist er Lehrstuhlinhaber und Direktor des Seminars für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Universität Münster.
