Architektin: Stadtplanung kann häusliche Gewalt an Frauen eindämmen
Dunkle Unterführungen oder schlecht beleuchtete Straßen: Wenn sie allein unterwegs sind, fürchten Frauen solche Angsträume. Dagegen muss die Städteplanung etwas tun, sagt eine Architektin - auch im häuslichen Umfeld.
Bonn (KNA) Stadtplanung kann der Gewalt an Frauen nach Einschätzung einer Expertin entgegenwirken. "Der Grund, warum Frauen in Gewaltbeziehungen bleiben, ist, dass sie keine Wohnung finden, die bezahlbar ist", sagte Architektin und Autorin Karin Hartmann am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Bonn. Frauen hätten immer noch weniger Einkünfte als Männer. Es sei für sie deshalb schwierig, in einer solchen Situation eine freie Entscheidung zum Bleiben oder Gehen zu treffen, zumal es in Deutschland auch nicht genügend Frauenhausplätze gebe.
Am Dienstag ist der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. Laut Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen werden die meisten Femizide - also geschlechtsbezogene Tötungen von Frauen - hierzulande von kontroll- oder eifersüchtigen (Ex)-Partnern im häuslichen Umfeld verübt.
Neben Kopenhagen und Barcelona nannte Architektin Hartmann als positives Beispiel für eine geschlechtergerechte Stadtplanung vor allem die Stadt Wien; dort werde bereits seit Ende der 1990er Jahren die Frauenperspektive bei baulichen Vorhaben mitgedacht - etwa mit speziellen Wohnungen für Alleinerziehende im Sonnwendviertel. "Die sind günstig geschnitten und haben zum Beispiel mehrere kleine Räume, damit Kinder und Mütter genügend Rückzugsmöglichkeiten haben", so Hartmann. Zudem seien sie bezahlbar, und es gebe eine gute Infrastruktur im Umfeld mit Schulen oder Arztpraxen. Bürgersteige seien breit genug, damit die Familie nebeneinander gehen könne, die Bordsteinkanten abgeflacht für den Kinderwagen.
Da Architektur immer noch eine Männerdomäne sei, fließe die Perspektive von Frauen bei den Planungen zu wenig ein, kritisierte die Expertin für feministische Architektur. "Wenn es hierzulande in diesem Bereich mehr Frauen in Führungspositionen gäbe, würde anders gebaut", sagte sie. So gingen Frauen etwa öfter zu Fuß als Männer, die mehr mit dem Auto unterwegs seien. Frauen seien also auch mehr auf sichere öffentliche Räume angewiesen. Noch immer gebe es aber zu viele schlecht einsehbare Straßen und unzureichende Beleuchtung.
Hartmann plädierte für einen Mentalitätswechsel. "Männer sind in der Regel größer und stärker. Sie nehmen allein aufgrund der Statur unbewusst mehr Platz als Frauen ein." Die Politik sei deshalb gefordert, "die Perspektive aller im Blick zu haben und Frauen mehr Raum zu geben", sagte sie.
