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Wie politisch soll Kirche sein? - Politik und Kirchen uneins

Julia Klöckner hatte eine Debatte über die politische Stimme von Kirchen ins Rollen gebracht. In aktuellen Wortmeldungen zeigen sich Politiker uneins - während Kirchenvertreter Verantwortung unterstreichen.

Im Frühjahr hatte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner gefordert, die Kirchen sollten sich stärker auf "grundsätzliche Fragen von Leben und Tod" konzentrieren und sich nicht wie eine Nichtregierungsorganisation zur Tagespolitik äußern. Ein halbes Jahr danach melden sich Spitzenpolitiker und Kirchenvertreter mit unterschiedlichen Ansichten in den Zeitungen der Verlagsgruppe Bistumspresse zu Wort.

Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, fordert eine deutliche Haltung: "Kirche darf nicht schweigen. Sie ist eine moralische, eine ethische Instanz - es ist notwendig, die Kirche zu hören." Die Kirche müsse selbst entscheiden, "wozu sie etwas sagen und wo sie die Finger in die Wunde legen möchte". Schweigen habe in der Geschichte fatale Folgen gehabt. Heute müsse sie "laut sein, wenn Menschenrechte, Zusammenhalt und Gerechtigkeit infrage gestellt werden".

Auch Karl-Josef Laumann (CDU), NRW-Arbeitsminister, betont: "Ich halte es für unverzichtbar, dass sich die Kirchen in politischen Fragen zu Wort melden." Die christliche Soziallehre biete eine "großartige Gesellschaftsphilosophie". Systeme müssten für die Menschen da sein, nicht die Menschen für die Systeme.

Jens Spahn, Vorsitzender der Unions-Bundestagsfraktion, mahnt dagegen zu Zurückhaltung. Die Kirche dürfe sich nicht zu einer politischen Kraft machen, sondern solle "ein klares Angebot der Orientierung bieten - aus sich heraus und ohne politische Agenda". Glaube müsse "in innerer Besonnenheit und Gewissheit ruhen, ohne in politischen Aktivismus abzudriften".

Hubertus Heil von der SPD hält dagegen: "Die Kirche darf politisch sein - sie muss es sogar." Wer fordere, sie solle sich ausschließlich auf das Spirituelle beschränken, verkenne ihren Auftrag. Schweigen schade der Glaubwürdigkeit. Glaube sei nie nur privat, sondern immer auch sozial und gesellschaftlich wirksam.

Kirchenvertreter selbst sehen eine Verantwortung. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, erklärt: "Kirche mischt sich ein - sie ist und will eine Stimme in der Gesellschaft sein." Kirche wolle helfen, die Gesellschaft zusammenzuhalten.

Auch Anna-Nicole Heinrich, Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, warnt vor Schweigen: "Kirche unpolitisch? Das wäre, als würde man Jesus bitten, sich aus den Streitgesprächen seiner Zeit rauszuhalten." Glaube ohne Haltung bleibe folgenlos. "Kirche darf sich nicht wegducken."