Betroffene der Ahrtal-Flut warten immer noch auf Therapieplatz
Vier Jahre nach der verheerenden Flut im Ahrtal brauchen Betroffene weiterhin Unterstützung - eine Psychotherapeutin gibt eine genauere Lageeinschätzung aus einem Therapiezentrum.
Ahrweiler (KNA) Fast vier Jahre nach der Flutkatastrophe im Ahrtal hat immer noch nicht jeder Betroffene ein psychologisches Erstgespräch gehabt. "Es kommen noch jede Woche Menschen, die dringend behandelt werden müssen", sagte Katharina Scharping, Leiterin des Traumahilfezentrums im Ahrtal und Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. "Das Traumazentrum ist rund um die Uhr beschäftigt."
"Die Zeit, die vergeht ohne Behandlung, trägt dazu bei, dass es schlimmer wird", erklärte die Expertin weiter. Hinzu komme bei manchen ein Gefühl der Verbitterung, weil der Wiederaufbau nicht so laufe, wie man es sich wünsche.
Belastend sei für viele auch, dass sie tagtäglich mit jenen Orten konfrontiert würden, die das Trauma ausgelöst hätten. Eigentlich beginne die Therapie, wenn jemand den Ort verlassen könne, der ihn oder sie traumatisiert habe. Viele Betroffene der Flut hätten aber das Ahrtal nicht verlassen, sagte Scharping: Das erschwere die psychische Aufarbeitung.
Außerdem kritisierte die Medizinerin, dass zu wenig dafür getan wurde, um die Helfer in ihr "altes" Leben zurückzubegleiten. Immerhin habe es viele Menschen gegeben, die zur Unterstützung der Betroffenen eigens ins Ahrtal gezogen waren. Auch ein "Danke" vonseiten der Politik fehle bis heute, mahnte Scharping.
In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 ließen 200 Liter Regen pro Quadratmeter die Ahr in wenigen Stunden auf das Zehnfache ihres üblichen Pegels anschwellen. 135 Menschen verloren ihr Leben, mehr als 17.000 ihre Häuser, Geschäfte und Existenzen.