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Islam-Experte warnt vor Generalverdacht gegen Muslime in Deutschland

Schon Christian Wulffs Satz "Der Islam gehört zu Deutschland" hat heftige Debatten provoziert. Und von manchen Seiten wird immer wieder vor einer Islamisierung des Landes gewarnt. Ist die Sorge berechtigt?

Der Islamwissenschaftler und Jurist Mathias Rohe warnt vor einem Generalverdacht gegen Muslime in Deutschland. Es sei ein gefährliches Zerrbild, immer wieder von einer "Islamisierung Deutschlands" zu sprechen, schreibt der Direktor des Zentrums für Islam und Recht in Europa an der Uni Erlangen-Nürnberg in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Montag).

Natürlich sei islamistisch motivierte Gewalt eine reale Bedrohung und müsse mit rechtsstaatlichen Mitteln konsequent bekämpft werden, betonte Rohe. Doch jeder Generalverdacht gegen die muslimische Bevölkerung sei unbegründet und schädlich.

Der Begriff "Islamisierung" werde häufig zur Beschreibung islamistisch-extremistischer Entwicklungen genutzt, sei aber irreführend. Tatsächlich handele es sich bei Islamismus um eine politische Ideologie, die eine islamische Gesellschaftsordnung über den säkularen Staat stellen wolle.

Doch nur ein kleiner Teil der muslimischen Bevölkerung in Deutschland unterstütze solche Positionen, so Rohe. Das zeigten zahlreiche Studien. Die Mehrheit lebe religiös im privaten Rahmen und bekenne sich zu Demokratie und Grundgesetz.

Rohe warnte vor pauschalen Unterstellungen: Religiöse Praktiken wie das Tragen eines Kopftuchs oder ein Verzicht auf den Handschlag zur Begrüßung sollten nicht vorschnell als Zeichen von Extremismus gewertet werden.

Wer religiöse Normalität mit Islamismus verwechsle, betreibe eine gefährliche Täter-Opfer-Umkehr. Islamfeindliche Pauschalurteile förderten nicht die Sicherheit, sondern Radikalisierung.

Zugleich forderte Rohe eine effektive Bekämpfung des Islamismus - etwa durch bessere digitale Überwachung, verstärkte internationale Kooperation und die gezielte Prävention in sozialen Medien.

Wichtig sei dabei, zwischen legitimer Religionsausübung und extremistischen Bestrebungen klar zu unterscheiden. Auch müssten muslimische Organisationen gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben können, wenn sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung achten.