Sozialpfarrer empört über Mindestlohn-Ausnahmen für Erntehelfer
Sozialabbau auf dem Acker? Der Bauernverband schlägt vor, den Mindestlohn für Saisonarbeiter ausnahmsweise zu senken. Ein katholischer Sozialpfarrer nennt diese Idee "schäbig".
Lengerich (KNA) Der katholische Sozialpfarrer und Menschenrechtsaktivist Peter Kossen kritisiert Forderungen des Bauernverbands, für Saisonarbeiter Ausnahmen vom Mindestlohn zu machen. "Den Mindestlohn von 15 Euro gerade denen streitig zu machen, die auf Äckern und Höfen bei Hitze und Kälte und sieben Tage in der Woche die Drecksarbeit machen, ist schäbig", erklärte Kossen am Dienstag in Lengerich. Dies diene vor allem den Interessen der Agrarindustrie und großer Lebensmitteldiscounter.
Kossen ist Vorsitzender des Vereins "Aktion Würde und Gerechtigkeit", der sich für die Rechte von Arbeitsmigranten einsetzt. Der Bauernverband hatte sich für eine Ausnahmeregelung beim Mindestlohn für Saisonarbeiter ausgesprochen. "Wir schlagen vor, dass sie 80 Prozent des gesetzlichen Mindestlohns erhalten", sagte Präsident Joachim Rukwied der "Rheinischen Post". Bundesagrarminister Alois Rainer (CSU) zeigte sich offen für die Idee.
"Die Aushöhlung sozialer Standards ist allein dem Profitinteresse der industriellen Landwirtschaft und des Handels geschuldet", so Kossen. Aus der Praxis wisse man, dass Beschäftigte in der Landwirtschaft häufig erhebliche Teile ihres Lohns für Unterkunft, Verpflegung und Transport wieder abgeben müssten.
Der Aktivist forderte einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 15 Euro auch für Saisonkräfte. "Auch in der Landwirtschaft darf diese Schäbigkeitsgrenze nicht unterschritten werden", sagte Kossen. Ein Lohn unterhalb der Armutsgrenze widerspreche den sozialen Standards der EU.
Derzeit liegt der Mindestlohn bei 12,82 Euro pro Stunde. Die schwarz-rote Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag formuliert, dass eine Lohnuntergrenze von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar sei. Wie hoch der Mindestlohn in den nächsten zwei Jahren tatsächlich sein soll, will die zuständige Kommission aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern am Freitag bekanntgeben.