• Deutschland DEU
  • Migration
  • Gesellschaft
Meldung

Studie: Muslime als Teil der Gesellschaft mehr wertschätzen

Ein Fünftel der befragten Muslime hegt Ressentiments gegen die deutsche Mehrheitsgesellschaft - ein wichtiger Grund für Radikalisierung, warnen Forscher. Sie empfehlen Gegenmaßnahmen.

Integrationsforscher der Uni Münster fordern mehr Engagement, um negativen Einstellungen unter Muslimen und Musliminnen gegenüber der Mehrheitsgesellschaft entgegenzuwirken. Politik und Medien sollten gezielt Maßnahmen entwickeln, "die Muslime in ihrer Zugehörigkeit zur Gesellschaft bestärken und positiv sowie identitätsstiftend wirken", sagte der Leiter des Zentrums für Islamische Theologie, Mouhanad Khorchide, am Dienstag bei der Vorstellung einer Studie zur Einstellung von Muslimen in Deutschland. Durchgeführt wurde sie von der Forschungsstelle Islam und Politik der Universität Münster.

Erforderlich ist laut Khorchide etwa der weitere Ausbau von gesellschaftlichen Bereichen, in denen Muslime Anerkennung und Teilhabe erfahren – etwa durch die Stärkung des islamischen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen. Ebenso wichtig sei die gezielte Förderung von Projekten in den Sozialen Medien, die "konstruktive Erzählungen" über das Zusammenleben von Muslimen und Nicht-Muslimen in einer vielfältigen Gesellschaft verbreiten.

Gerade Soziale Medien dienen islamistischen Gruppen demnach als Rekrutierungsfeld. Dort pflegten sie gezielt eine Opferrolle von Muslimen und schürten so die Feindseligkeit gegen die westliche Gesellschaft, so Khorchide. Er forderte deshalb auch ein Social-Media-Verbot für Jugendliche unter 16 Jahren.

Zugleich sieht das Forschungsteam auch Moscheegemeinden und islamische Organisationen in der Pflicht. Diese sollten positive Erfahrungen im Alltagsleben von Musliminnen und Muslimen sichtbar machen und die Chancen betonen, die das Leben in Deutschland bietet. "So kann sich langfristig eine positive Grundhaltung gegenüber der Gesamtgesellschaft entwickeln, die Ressentiments entgegenwirkt."

Über die Ergebnisse des in Münster vorgestellten Forschungsprojekts "Ressentiment als affektive Grundlage von Radikalisierung" hatte die "Neue Osnabrücker Zeitung" bereits Anfang Juni berichtet. Befragt wurden dafür 1.887 Musliminnen und Muslime ab 18 Jahre in der Zeit von Juli 2023 bis April 2024. Jeder Fünfte der Befragten hegt demnach Ressentiments gegen die Mehrheitsgesellschaft. Bei einer Gesamtzahl von 5,3 bis 5,6 Millionen Muslimen in Deutschland wären das mehr als eine Million Menschen. 48 Prozent der Teilnehmer gaben an, in den letzten 12 Monaten Diskriminierungserfahrungen gemacht zu haben. Allerdings verwiesen die Forscher darauf, über die Repräsentativität der Studie ließen sich keine gesicherten Aussagen treffen.

Eine Mehrheit der "Ressentiment"-Gruppe bejahte Fragen wie die, ob der Islam die letztgültige politische Autorität sein sollte oder ob die Gesetze der Scharia besser als die deutschen Gesetze sind. Gewalt auf vermeintlich erlittenes Unrecht befürwortet jeder Dritte der "Ressentiment"-Gruppe. Jeder Zehnte würde nach eigener Aussage auch selbst Gewalt "für die Interessen von Muslimen" einsetzen.

Die Forscher betonten jedoch, Feindseligkeit gegenüber der Mehrheitsgesellschaft reiche für eine islamistische Radikalisierung nicht aus. Dafür müssten Faktoren wie etwa fundamentalistische Glaubensüberzeugungen hinzukommen.