Studie: Mehr als ein Drittel fordert Schlussstrich unter NS-Zeit
Die Ergebnisse einer neuen Studie zu Antisemitismus und Erinnerungskultur sind ambivalent: Einerseits finden viele Menschen das Gedenken an den Holocaust wichtig - es gibt aber auch gegenteilige Ansichten.
Berlin (KNA) 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fordert in einer Studie mehr als ein Drittel der Befragten einen Schlussstrich unter die NS-Zeit. Gut ein Viertel der Befragten ist der Auffassung, Jüdinnen und Juden nutzten die Erinnerung an den Holocaust zu ihrem persönlichen Vorteil aus. Das sind Ergebnisse der "Gedenkanstoß MEMO-Studie", die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Zu beobachten sei eine stärkere Verbreitung antisemitischer Einstellungen, hieß es.
Erst Ende März hatte eine andere Umfrage ergeben, dass mehr als die Hälfte der Deutschen einen Schlussstrich unter der NS-Vergangenheit befürworte. Die "Zeit" hatte diese Untersuchung des Instituts policy matters in Auftrag gegeben.
Zugleich setzen die Befragten laut Studie aber auch auf die Erinnerung an den Nationalsozialismus: So stimmen 42,8 Prozent der Aussage eher stark oder stark zu, es sei ihnen wichtig, an die NS-Verbrechen zu erinnern. 63,8 Prozent sehen im Rechtsextremismus eine große oder sehr große Gefahr für die deutsche Gesellschaft.
"Antisemitische, rechtspopulistische und geschichtsrevisionistische Haltungen haben im Vergleich zu früheren Befragungen merklich zugenommen und sind nun endgültig wieder in der Mitte der Gesellschaft angekommen", erklärte der Leiter der Studie, Jonas Rees, vom Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld.
Das Institut hatte gemeinsam mit der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft in einer Online-Befragung das kritische Geschichtsbewusstsein in Deutschland untersucht. Die Befragung ist den Angaben zufolge repräsentativ. Ausgewertet worden seien die Antworten von 3.000 Befragten mit dauerhaftem Wohnsitz in Deutschland sowie mit und ohne deutsche Staatsbürgerschaft.