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April, April - Warum viele mit dem Aprilscherz fremdeln

Er kann in die Hose gehen oder amüsieren: Der Aprilscherz ist eine Art von Humor, den es in vielen Ländern und Kulturen in den unterschiedlichsten Formen gibt. Hierzulande verschwindet er aber immer mehr.

Der Aprilscherz hat im Alltag fast ausgedient, sagt der Kulturwissenschaftler Gunther Hirschfelder von der Universität Regensburg. "Wir brauchen ihn, aber er ist nach wie vor in der Krise. Der Aprilscherz findet heute eher im medialen Raum statt, im Alltag hat er Kompabilitätsprobleme", sagte Hirschfelder der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Es gebe gesellschaftlich ein gewisses "Fremdeln" mit dem Brauch, Mitmenschen in den April zu schicken, gleichzeitig ein Sehnen nach "Interaktionen diesseits von Problemen".

Durch die zunehmende Digitalisierung existiere in der Gesellschaft weniger Gemeinschaft in analoger Form, sagt Hirschfelder. Dabei hätten Menschen nach diesem Miteinander ein Bedürfnis. Auch Humor werde eher konsumiert als selbst im Austausch mit anderen Menschen produziert. "In der Vormoderne gab es eine große Affinität, Witze zu machen. Heute haben wir unser Humorbedürfnis professionell ausgelagert", so der Kulturwissenschaftler - zum Beispiel an Comedians, Kabarettisten oder Late-Night-Shows. "Deswegen hat es der Aprilscherz schwer", betont Hirschfelder.

Durch die Professionalisierung sei das Witze-Niveau entsprechend hoch. "Wir haben Angst, nicht lustig genug zu sein, einen Fehler zu machen oder zu versagen und trauen uns auch weniger", so der Kulturwissenschaftler. Ein Witz polarisiere aber auch mal oder ecke an. Zudem setzten Humor und Witze voraus, dass man die "gleiche Sprache" spreche. Weil Gesellschaften heute aber deutlich diverser seien und man im Alltag mit ganz unterschiedlichen Menschen zu tun habe, sei auch längst nicht mehr garantiert, dass der eigene Witz verstanden werde oder ankomme.

Wer dennoch Freunde, Familie oder Kollegen in den April schicken wolle, müsse sich nur trauen, sagte Hirschfelder. Dazu könne man sich alte Aprilscherze wieder zunutze machen - beispielsweise jemanden mit einem sinnlosen Auftrag irgendwo hin schicken oder jemanden etwas suchen lassen, das es gar nicht gibt. Auch im Internet finden sich viele Ideen für Aprilscherze oder sogenannte Pranks (zu deutsch: Streiche). Unter anderem etwa, den Wasserhahn zuzukleben, etwas in die Schuhe zu legen oder einen Zettel an das Auto zu kleben mit der irreführenden Notiz "Entschuldigung für den Kratzer".

Menschen mit Humor akkumulieren laut Hirschfelder mehr Sozialkapital. "Vor allem, wenn Witze auch mal auf eigene Kosten gehen", sagte er. Humor sei wichtig, um mit der Ernsthaftigkeit des Lebens fertig zu werden. Das gelte auch für Aprilscherze.