Statistik: 74.600 Minderjährige kamen 2023 in Obhut des Staates
Zehntausende Kinder und Jugendliche wurden 2023 von Jugendämtern in staatliche Obhut genommen. Seit drei Jahren steigen die Fallzahlen. Unbegleitet einreisende Minderjährige machen die Hälfte der Fälle aus.
Wiesbaden (KNA) Die Jugendämter haben im Jahr 2023 rund 74.600 Minderjährige zu ihrem Schutz in Obhut genommen. Das waren mit 8.100 Fällen rund zwölf Prozent mehr als im Vorjahr, wie das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden mitteilte. Damit sei die Zahl der Inobhutnahmen zum dritten Mal in Folge angestiegen. Allerdings nicht so stark wie im Jahr 2022, als das Plus im Jahresvergleich mit 18.900 Fällen rund 40 Prozent betrug.
Grund des Anstiegs sind laut Mitteilung die Einreisen unbegleiteter Minderjähriger aus dem Ausland. Das sei etwa die Hälfte aller Fälle gewesen. Vergangenes Jahr führten die Jugendämter demnach insgesamt 39.300 Inobhutnahmen nach unbegleiteter Einreise durch (2022: 28.600). Ohne diesen Effekt wäre die Gesamtzahl der Inobhutnahmen 2023 auf 35.300 Fälle gesunken.
Neben der unbegleiteten Einreise zählten laut Behörde Überforderung der Eltern (22 Prozent), Hinweise auf Vernachlässigung (zehn Prozent) und Anzeichen für körperliche Misshandlung (neun Prozent) zu den häufigsten der 13 erfassten Anlässe für eine Inobhutnahme. Mehrfachnennungen waren dabei möglich.
Bis eine Lösung für die Situation gefunden ist, werden die Minderjährigen entsprechend den Vorgaben des Sozialgesetzbuchs betreut. Im Schnitt habe eine solche Maßnahme der Jugendämter 50 Tage gedauert. Etwa jeder dritte Fall sei in weniger als einer Woche beendet worden.
Rund ein Drittel aller Inobhutnahmen erfolgte 2023 aufgrund von dringenden Kindeswohlgefährdungen. Etwa ein Zehntel der Fälle waren Selbstmeldungen, in denen Minderjährige beim Jugendamt Hilfe suchten.
Nach Beendigung der Inobhutnahme konnte fast ein Viertel der Minderjährigen den Angaben entsprechend an ihren bisherigen Aufenthaltsort zurückkehren.